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Machst du mir Arbeit, verurteile ich wegen Vorsatz, oder: Einspruchsbeschränkung

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© Gooseman - Fotolia.com

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Ich bin immer wieder überrascht, was – bei der Flut der veröffentlichten Entscheidungen – alles doch noch nicht entschieden ist, aber vielleicht liegt es manchmal auch daran, dass es sich um Selbstverständlichkeiten handelt. Dazu – zu diesen Überraschungen – zählt der OLG Oldenburg, Beschl. v. 07. 03.2016 – 2 Ss (OWi) 55/16. Da wollte das AG den Betroffenen offenbar abstrafen. Gegen den Betroffenen war nämlich ein Bußgeldbescheid wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen worden. Gegen den legt der Betroffene zunächst unbeschränkt Einspruch ein. Nach der damit erforderlichen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sieht es dann nach einer Verurteilung wegen einer Vorsatztat aus. Dem wollte der Betroffene/Verteidiger durch die eine nach der Beweisaufnahme noch vorgenommene Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen entgehen und das AG damit zu einer Verurteilung wegen einer Fahrlässigkeitstat “zwingen”. Das AG hat das aber anders und die Beschränkung als unwirksam angesehen und dennoch wegen Vorsatzes verurteilt. Das OLG hat dem Betroffenen Recht gegeben.

Das OLG verweist auf die Neufassung des § 67 Abs. 2 OWiG vom 26.01.1998. Danach ist die Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch in seiner Gesamtheit möglich, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Das OLG folgt dem AG auch insoweit als, dass der durch diese Gesetzesänderung gewünschte Effekt der Gerichtsentlastung weniger stark durchschlägt, sofern die Beschränkung des Einspruchs erst nach der Beweisaufnahme erfolgt. Allerdings entfällt – so dass OLG – dieser Effekt nicht vollständig. Denn infolge der Beschränkung des Einspruchs verringert sich sowohl der Aufwand des AG im Rahmen der Urteilsabfassung als auch der Prüfungsumfang des Rechtsbeschwerdebeschwerdegerichts. Das OLG verweist zudem darauf, dass es darüber hinaus grundsätzlich nicht möglich erscheint, die Einspruchsbeschränkung vom Abschluss der Beweisaufnahme abhängig zu machen, weil es zu diesem Zeitpunkt an bindenden Feststellungen zum Tathergang noch fehlt. Solange dies so ist, bleibe die Möglichkeit des Betroffenen bestehen, dem AG die Prüfungskompetenz für diese Feststellungen zu entziehen.

Es bleibt also dabei: Der Bußgeldbescheid kann auch noch in der Hauptverhandlung auf die Rechtsfolgen beschränkt werden. Eine zeitliche Grenze – Quasi als Sanktion für den Betroffenen nach dem Motto: Machst du mir Arbeit, verurteile ich wegen Vorsatz – gibt es nicht. Die Zustimmung der StA zur (Teil)Rücknahme, die in der Beschränkung liegt, ist nicht erforderlich. § 75 Abs. 2 OWiG lässt grüßen.


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